Viele von uns schleppen sich von Montag bis Freitag durch den Tag. Der Grund: Schlafmangel. Stets haben wir die Hoffnung, den Schlaf am Wochenende nachholen zu können. Aber kann man Schlaf wirklich nachholen? Einer Studie zufolge kann man fehlenden Schlaf am Wochenende nachholen. Dieser Aussage widersprechen allerdings neue wissenschaftliche Erkenntnisse.
Der Mensch verschläft im wahrsten Sinne des Wortes im Durchschnitt 24 Jahre seines Lebens, wobei er das einzige Lebewesen ist, das sich freiwillig Schlaf entzieht. Es gibt Menschen, die mit sechs Stunden Schlaf auskommen, andere wiederum müssen neun Stunden schlafen, um sich erholt zu fühlen. Als Richtwert gilt eine Schlafdauer von sieben Stunden, um den Tag körperlich und geistig ausgeruht zu beginnen.
In unserem schnelllebigen Alltag ist unter der Woche ein Schlaf von sieben Stunden eher die Ausnahme und manche müssen zwischen Kind und Kegel sogar mit 3-5 Stunden auskommen. Dabei ermöglicht eine ausreichend lange Nachtruhe deinem Körper Regeneration, sowie die Verarbeitung von Erlebnissen und Gefühlen. Doch Schlaf kann noch mehr: Genügend Schlaf macht dich attraktiver, glücklicher und sorgt für deine innere Ausgeglichenheit. Schlafmangel hingegen führt zu Abgeschlagenheit und schlägt sich auf dein Gemüt. Du bist schlecht gelaunt und schneller reizbar.
Schlafmangel am Wochenende ausgleichen: Pro
Es stellt sich nun die Frage, ob fehlender Schlaf am Wochenende nachgeholt werden kann. Laut schwedischen Forschern: Ja. In einer 13 Jahre lang durchgeführten Studie untersuchten Wissenschaftler die Schlaf- und Lebensgewohnheiten von fast 44.000 Menschen. Es wurde ermittelt, dass Personen unter 65 Jahren, die fünf Stunden oder weniger schlafen, die durch Schlafmangel verursachten gesundheitlichen Risiken durch einen ausgiebigen Wochenendschlaf ausgleichen. (1)
In einer anderen Studie wurde bei neunzehn männlichen Probanden bewiesen, dass bereits ein Erholungsschlaf von zwei Nächten die durch Schlafmangel reduzierte Insulinsensitivität verbessert. (2)
Dass ein Mensch einen Schlafmangel ausgleichen kann, bewies auch Randy Gardner bereits Anfang der 60er Jahre mit einem gewagten Experiment. Der junge Amerikaner blieb elf Tage und Nächte wach und brach somit den Weltrekord im Schlafentzug. Erstaunlicherweise war er bereits nach nur drei Tagen von seinem 80 Stunden langen Schlafdefizit erholt. In der ersten Nacht, nach beendetem Experiment, schlief er zwar vierzehn Stunden durch, doch bereits in der dritten Nacht fand er zu seinem normalen Schlafrhythmus von acht Stunden zurück. Seine schnelle Erholung war dabei nicht abhängig von der Anzahl geschlafener Stunden pro Nacht, sondern von der Qualität seines Schlafes.
Ein gesunder Schlaf besteht aus mehreren Schlafphasen, die sich im Laufe der Nacht zwischen Einschlafphase, Leichtschlafphase, Tiefschlafphase sowie REM-Phase abwechseln. In der Tiefschlafphase erholst du dich besonders gut. Der Körper kompensiert von alleine ein Schlafdefizit durch zusätzliche Tiefschlafphasen. (3) Denn je höher der Anteil an Tiefschlafphasen, desto effizienter kannst du dich von seelisch-körperlichen Belastungen erholen. Mit der Hypnose für guten Schlaf kannst du die besonders erholsamen Tiefschlafphasen sogar verlängern. Und sofern sich dein Körper beim Aufwachen in der Leichtschlafphase befindet, wachst ausgeschlafen und gut erholt auf.
Schlafmangel am Wochenende ausgleichen: Kontra
Dass Schlaf nicht aufgeholt werden kann – jedenfalls nicht ohne gesundheitliche Folgen – beweist eine in „Current Biology“ aktuell veröffentlichte Studie, in der Schlaf im Zeitraum von neun Tagen untersucht wurde. In jener Studie gab es drei Gruppen bestehend aus jungen Erwachsenen. Die Teilnehmer aus der ersten Gruppe schliefen neun Nächte lang jeweils neun Stunden, wohingegen die in der zweiten nur fünf Stunden pro Nacht schliefen. Aus der dritten Gruppe durften die Teilnehmer fünfmal fünf Stunden schlafen, anschließend am Wochenende ausschlafen, um in der darauffolgenden Woche die übrigen zwei Nächte lang wieder nur fünf Stunden zu schlafen.
Zu diesem Ergebnis kommt die Studie bei den Probanden mit Schlafmangel: Aufgrund des Schlafmangels haben sie häufiger zwischendurch gegessen und folglich an Gewicht zugenommen. Dank dieses Experiments stellen die Wissenschaftler fest, dass ein Erholungsschlaf, welcher sich auf das Wochenende beschränkt, keine wirksame Maßnahme ist, um die durch Schlafmangel verursachten Stoffwechselprobleme wie Diabetes 2 oder Adipositas auszugleichen. (4)
Fazit
Ein Schlafdefizit führt nicht nur zu Leistungsabfall und Unkonzentriertheit, sondern auch zu Stoffwechselproblemen, Gewichtszunahme, psychischen Erkrankungen und sogar zu einer erhöhten Sterberate. Schlafmangel kann ausgeglichen werden, sollte aber aufgrund der gesundheitlichen Nebenwirkungen nicht zur Dauerlösung eines gestörten Schlafrhythmus werden. Damit sich dein Körper von den täglichen Strapazen gut erholen kann, solltest du deinem Schlaf mehr Aufmerksamkeit widmen und darauf achten regelmäßig ausreichend zu schlafen.
Quellen:
(1) Torbjörn Åkerstedt, Francesca Ghilotti, Alessandra Grotta, Hongwei Zhao, Hans-Olov Adami, Ylva Trolle-Lagerros, Rino Bellocco (2018): Sleep duration and mortality – Does weekend sleep matter? Online verfügbar unter https://doi.org/10.1111/jsr.12712
(2) Josiane L. Broussard, Kristen Wroblewski, Jennifer M. Kilkus, Esra Tasali (2016): Two Nights of Recovery Sleep Reverses the Effects of Short-term Sleep Restriction on Diabetes Risk. Online verfügbar unter https://care.diabetesjournals.org/content/39/3/e40
(3) Tilmann Müller, Beate Paterok (2017): Schlaf erfolgreich trainieren: Ein Ratgeber zur Selbsthilfe. Hogrefe Verlag GmbH & Co.KG; Auflage: 3, S. 13 ff. Online Verfügbar unter Schlaf erfolgreich trainieren: Ein Ratgeber zur Selbsthilfe – Tilmann Müller, Beate Paterok – Google Books
(4) Christoph M. Depner, Edward L. Melanson, Robert H. Eckel, Ellen R. Stothard, Sarah J. Morton, Kenneth P. Wright Jr. (2019): Ad libitum Weekend Recovery Sleep Fails to Prevent Metabolic Dysregulation during a Repeating Pattern of Insufficient Sleep and Weekend Recovery Sleep. Online verfügbar unter https://doi.org/10.1016/j.cub.2019.01.069
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